1A-Lesestoff I Vor dem Scherbenhaufen

Was Kommunikation leisten kann. Und was nicht.

Es war eine Nachrichtenmeldung am vorletzten Wochenende, die mich in einem ICE der Deutschen Bahn erreichte und später noch Anlass für diesen Artikel werden sollte. Die Schlagzeile: „Strack-Zimmermann sauer wegen Panzer-Kommunikation“. Der Kontext: hochaktuell, hochpolitisch und hochdramatisch. Denn: Es geht um Waffenlieferungen an die Ukraine. Ein knallhartes, bitterernstes Thema, das schwer im Magen liegt. Mein erster Gedanke zu dieser Meldung angesichts dieses harten Kontextes war trotzdem erstmal ein anderer: „Wirklich, die Kommunikation soll hierbei das Problem sein?“

Pleiten, Pech und Pannen. Sie kommen vor. Sie sind unvermeidbar. Ob anlassbezogen oder als Grundstimmung, unverschuldet oder absichtlich; das bestehende oder wahrgenommene Defizit ist schnell angeprangert, häufig in Form von pauschalen Thesen oder Forderungen, formuliert unter der Nutzung von Modalverben im Konjunktiv II. Ist ein Kunde mit dem Produkt unzufrieden? Kommt die Konkurrenz besser in der Öffentlichkeit an? Ist der Umgang mit dieser oder jener Situation völlig in die Hose gegangen? War man im Nachhinein mal wieder schlauer?

Mein Antwortversuch beginnt mit einer Metapher.

Zerbrochenes Geschirr

Steht man vor seinem sinnbildlichen (oder buchstäblichen) Scherbenhaufen, ist erstmal Fegen angesagt. Geschirr ist zerbrochen, da hilft kein Flehen oder Fluchen. Dabei sollte man selbstredend Fingerspitzengefühl walten lassen. Man will die Situation schließlich nicht noch schlimmer machen und sich zusätzlich zum eigentlichen Schaden noch an den scharfen Kanten vom guten Sonntagsgeschirr ins eigene Fleisch schneiden!

Aber selbst, wenn das Fegen gut geht, ist noch lange nicht alles wieder gut. Die Krise vor dem Geschirrschrank ist noch nicht überstanden. Wie konnte es dazu kommen, will die Eigentümerin wissen. Warum sagt ihr keiner was?

Auftritt der Kommunikationsabteilung. Sie beschwichtigt, bedauert und gelobt Besserung. Zu wenig, zu spät, erklärt die Geschädigte. Und überhaupt, jetzt mal ganz ehrlich! Die Wutbürgerin lässt ihrem Unmut freien Lauf. Aus einem kleinen Scherbenhaufen entsteht ein unschöner Wirbelwind. Schon lange geht es nicht mehr um zerbrochenes Porzellan. Subtext verdrängt explizite Aussagen. Man kann nichts mehr richtig machen.

Fazit: Diese Kommunikation ging offensichtlich total schief, da gibt es nichts zu beschönigen und das muss man jetzt selbstkritisch so eingestehen. Es wird Besserung gelobt. Das nächste Mal wolle man besser kommunizieren. Warum das Geschirr wirklich zerbrochen ist? Das interessiert höchstens noch den Sachbearbeiter der zuständigen Versicherung.

Ende der Metapher

Wenn die allgemeine Suche nach Gründen, Fehlern und – noch wichtiger – Schuldigen läuft, gilt es schnell einen Punkt zu landen. Lieber auf der Seite der Analysten positionieren, anstatt noch als Teil des Räumkommandos zu enden. Doch auch das gestaltet sich nun mal leider nicht so einfach. Geschehenes kann man bekanntlich meistens nicht rückgängig machen. Um detaillierte Erläuterungen zu technischen Problemen nachvollziehen zu können, braucht es fundierte Kenntnisse der Materie. Der Teufel liegt bekanntlich im Detail und nicht im großen Ganzen. Und die Suche nach systemischen, strukturellen Gründen für die Panne droht sich wie immer in einer komplexen Geschwulst aus Zuständigkeiten, externen und internen Einflüssen, Pfadabhängigkeiten sowie der offensichtlichen Diskrepanz zwischen Soll und Ist zu verlieren. Was nun?

„Da müssen wir die Kommunikation verbessern!“

Es kam, wie es kommen musste, einer hat es gesagt. Wahlweise mit mehr Fokus auf Qualität oder Quantität, aber die Aussage ist klar. Am Austausch von Informationen zwischen Sendern und Empfängern hat es gelegen – zumindest teilweise. Hätten die Leute doch nur mehr miteinander gesprochen. Hätten sie doch mehr und besser geschrieben, geredet, dokumentiert und veröffentlicht. Und bitte auch alle richtig zugehört, gelesen, verstanden und reproduziert.

Es ist schon schwierig, die Sache mit der Kommunikation. Es ist nicht möglich nicht zu kommunizieren; schöner Satz, ein Euro fürs Phrasenschwein. Da war auch was mit Eisbergen, geometrischen Formen und vielen griechischen Fachwörtern. Für viele wird sie ein Buch mit sieben Siegeln bleiben, diese Kommunikation. Zu einem taugt sie dann aber doch und für jeden: Sie ist ein hervorragendes, geradezu omnipotentes Ergebnis für die Analyse eines Problems. Sie ist Krankheit und Arznei zugleich. Sie kennt kein richtig oder falsch, der Ton macht ja die Musik. Sie ist als Defizit gerade so konkret, dass man die Behebung an Menschen delegieren kann, die darin Expertise haben; womöglich hat man sogar eine ganze Abteilung mit diesem Titel im Haus, von denen man eh nie so genau wusste, was sie eigentlich machen. Und andererseits bleibt sie als Begriff so vage, dass eine schnelle, technische Operationalisierung kaum möglich ist.

Für alle Seiten also ein zufriedenstellendes Ergebnis?

Was Kommunikation leisten kann und was eben nicht, sollte man sich regelmäßig vor Augen führen. Allein im beruflichen Kontext reicht ihre Bedeutung quer durch alle Abteilungen. In ihr finden sich relevante Aspekte der Führungskultur, des Marketings, der Kundenbeziehungen, des Innovations- und Wissensmanagements. Die unternehmerischen Public Relations, die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, das Corporate Image und der verkaufsfördernde Medieneinsatz sind nur Nischen in einer großen Bubble. Bei Bedarf wird der Mega-Begriff Kommunikation entweder auf seine vielen Nischen reduziert oder bewusst als allumfassendes Es abstrahiert.

Eine Frage der Ehrlichkeit

Es bleibt an dieser Stelle nur, an ein gemeinsames Verantwortungsgefühl zu appellieren. Ob in Beruf, Ehrenamt oder Freizeit. Ob als wirtschaftlicher, politischer oder gesellschaftlicher Akteur. Kommunikation ist Teil jeder Job-Beschreibung. Das Voraus-, Mit- und Nachdenken darüber. Insbesondere, aber nicht ausschließlich, von Führungskräften in operativen Bereichen. Denn dort liegt gleichzeitig hohes Potenzial, aber auch das größte Krisen-Risiko.

Abschließend ist es eine Frage der Ehrlichkeit, differenzierte Antworten auf Probleme mit kommunikativem Aspekt zu geben. In welcher Nische klemmt es denn genau? Wo sind die Querverbindungen, wo die Schnittstellen? Das bekannte „Was passiert, wenn es passiert“ ist eine kluge Frage, die keine Kommunikationsstrategie unbeantwortet lassen sollte. Sie ist aber auch Aufforderung an alle Beteiligten, ihrer gemeinsamen kommunikativen Verantwortung gerecht zu werden.

Strategische Kommunikationsberatung – mit realistischem Blick

Als Knappe1A beraten wir Unternehmen, Institutionen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Fragen der Kommunikation. Die Ausgangssituationen und Problemstellungen sind dabei in den meisten Fällen sehr weit und diffus gelagert. Den sprichwörtlichen Elefanten dabei in Scheiben zu schneiden, ist die primäre Aufgabe in jedem Prozess. Mangelt es tatsächlich an strategischen Grundlagen? Sind Struktur und Prozesse der Ort, wo der Hase im Pfeffer liegt? Funktionieren alle Schnittstellen oder ist die Führungskultur verbesserungswürdig?

Wir legen realistische Maßstäbe an, keine utopischen. Wir sind der Meinung, dass ein realistischer Blick auf sich selbst und das eigene Tun die wichtigsten Grundlagen für eine selbstbewusste kommunikative Haltung sind. Eine Haltung, die Probleme dort benennt und löst, wo sie tatsächlich ursächlich gelagert sind. Und die integrativ alle Beteiligten abholt, aber auch in Verantwortung nimmt.

Uns würde interessieren: Wie sind ihre Erfahrungen mit diesem Thema? Welche Rolle spielt Kommunikation in ihrem (Berufs-) Alltag? Was klappt gut, wo haben Sie Schwierigkeiten? Wenn Sie mögen, lassen Sie uns dazu in den Austausch kommen. Nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf oder vereinbaren Sie direkt einen Termin. Wir freuen uns darauf!

Der Autor:

Luca Wernert (24) ist Agenturleiter im Team der Knappe1A. Der Mega-Begriff Kommunikation treibt ihn sowohl im Beruf als auch im Ehrenamt um. Kommunikative Herausforderungen sind ihm daher auf unternehmerischer, verbandlicher und politischer Ebene bestens bekannt.

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1A-Lesestoff

Für das neue Jahr 2023 haben wir uns vorgenommen, in einem neuen Format unseren Kunden und Partnern regelmäßig Einblicke in unsere Welt rund um Kommunikation, Events und Digitales zu bieten. Wir liefern „1A-Lesestoff“ in Form von Expertisen, Kommentaren und Hintergründen. Wir greifen aktuelle Themen und Trends auf, blicken über den Tellerrand. Dabei bedienen wir uns dem Wissen und der Erfahrungen von unseren Mitarbeitenden und Netzwerkpartnern. Auch den ein oder anderen Gastbeitrag wird es geben. Einzige Maßgabe: Mehrwert für Sie, die interessierten Leserinnen und Leser.

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